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1. Soziale und politische Bedingungen in Irland Ende der 1860er / Anfang der 1870er Jahre
Nach der hohen Emigrationsrate[3] nach der Famine entspannte sich zunächst die landwirtschaftliche Situation in Irland, da durch eine geringere Population weniger Menschen von dem, was das Land hergab, leben mußten.
Jedoch ging es den Kleinpächtern keinesfalls besser als während der großen Hungersnot; im Zeitraum von 1849-1852 wurden 58 000 Familien, d.h. 316 000 Personen, von ihren Farmen vertrieben (O´Hegarty S. 481).
Die „tenants“, die nicht vertieben wurden, hatten unter starken Restriktionen seitens der Landlords zu leiden: Wer das Stück Pachtland oder das Haus darauf auf irgendeine Art und Weise aufwertete (Errichtung eines Zauns, Einbau von Fenstern am Haus, Renovierung des Hauses etc.), hatte mit Pachterhöhungen zu rechnen. In etlichen Fällen war es nicht erlaubt, Verwandte oder Freunde im Haus übernachten zu lassen. Sogar bei der Heirat der Kinder des „tenant“ mußte der Landlord um Erlaubnis gefragt werden. Bei Nichtbeachtung dieser Restriktionen mußte mit Vertreibung gerechnet werden. „And eviction meant starvation or beggary or emigration.“ (O´Hegarty S. 463)
In den späten 70er Jahren des 19. Jahrhunderts verschärfte sich die Lage der Landarbeiter in Irland weiter. Die Preise für landwirtschaftliche Güter fielen[4] aufgrund der steigenden Menge an exportierbarem Getreide im Westen der USA sowie deren schnellere Lieferungsmöglichkeiten nach Europa durch die verbesserte Schiffahrt. Viele Pächter waren dadurch nicht mehr in der Lage, ihre Pacht zu bezahlen, was zu verstärkten Vertreibungen führte.[5]
In den Jahren 1877, 1878 und 1879 fiel wiederum aufgrund feuchter Sommer die Kartoffelernte weitestgehend aus.[6] Diesmal wurde jedoch eine Hungerkatastrophe verhindert durch Lebensmittellieferungen in die betroffenen Gebiete, die hauptsächlich aus England sowie aus den nicht betroffenen Teilen Irlands stammten.
Einen Übergang zum Schutzzollsystem, wie fast alle kontinentaleuropäischen Staaten, um der nationalen Landwirtschaft zu helfen, vollzog Großbritannien, weil freihändlerisch, nicht (Alter S. 45).
Die irischen Fabrikarbeiter lebten Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls in sehr ärmlichen Verhältnissen. Im „Kapital, Band I“ zitiert Marx einen Tag im Leben eines Fabrikarbeiters im Norden von Irland, der meiner Ansicht nach die Lebensverhältnisse sehr anschaulich beschreibt (1866): „Ich bin ein beetler und arbeite von 6 Uhr morgens bis 11 Uhr in die Nacht, von Montag bis Freitag; Samstags endigen wir um 6 Uhr abends und haben 3 Stunden für Mahlzeit und Erholung. Ich habe 5 Kinder. Für diese Arbeir erhalte ich 10 sh. 6 d. wöchentlich; meine Frau arbeitet auch und verdient 5 sh. Die Woche. Das älteste Mädchen, zwölfjährig, wartet das Haus. Sie ist unser Koch und einziger Gehilfe. Sie macht die jüngeren zur Schule fertig. Meine Frau steht mit mir auf und geht mit mir fort. Ein Mädchen, welches unser Haus entlanggeht, weckt mich um halb 6 Uhr morgens. Wir essen nichts, bevor wir zur Arbeit gehen. Das zwölfjährige Kind sorgt für die Kleineren des Tags über. Wir frühstücken um 8 und gehen dazu nach Hause. Wir haben Tee einmal die Woche; sonst haben wir einen Brei (stirabout), manchmal von Hafermehl, manchmal von Maismehl, je nachdem wir fähig sind, es zu verschaffen. Im Winter haben wir ein wenig Zucker und Wasser zu unsrem Maismehl. Im Sommer ernten wir einige Kartoffeln, womit wir selbst ein Bodenfetzchen bepflanzen, und wenn sie zu Ende sind, kehren wir zum Brei zurück. So geht´s tagaus, tagein, Sonntag und Werkeltag, das ganze Jahr durch. Ich bin stets sehr müde des Abends nach vollbrachtem Tagwerk. Einen Bissen Fleisch sehn wir ausnahmsweis, aber sehr selten. Drei unsrer Kinder besuchen Schule, wofür wir 1 d. per Kopf wöchentlich zahlen. Unsere Hausmiete ist 9 d. die Woche, Torf und Feuerung kosten mindestens 1 sh. 6 d. vierzehntägig.
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[3] Bevölkerung Irlands: 1841: 8 272 664
1851: 6 623 985
1861: 5 850 309
1866: ca. 5,5 Millionen
Gesamtemigration: Mai 1851- Juli 1865: 1 591 487 (Marx S. 645-646)
[4] Der Gesamtwert der irischen Agrarproduktion betrug 1876 36 Millionen Pfund Sterling, 1877 28 Millionen Pfund, 1878 32 Millionen Pfund und 1879 22 Millionen Pfund. (Alter S. 45)
[5] 1877 wurden 980 Familien vertieben, 1880 2 110. (Pomfret S. 104)
[6] Die Kartoffelernte sank von 4 Millionen Tonnen (1876) auf etwas über 1 Millionen Tonnen (1879). (Alter S. 45)
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